Rote Karte für vollständige Deregulierung von Gentechnik

Demonstration gegen Gentechnik in Strassburg © Gerd Ruhlich
Protest mit Traktoren gegen Gentechnik © Gerd Ruhlich

Am 07.02. stimmte das Europaparlament in Straßburg über die Deregulierung neuer genomischer Techniken ab (NGT). In Zukunft soll es in Europa möglich sein, mit wesentlich vereinfachten Verfahren mittels neuer Gentechnik gezüchtete Pflanzen zuzulassen. Der Entwurf wurde mit nur 3 Stimmen Mehrheit angenommen. Bei der Demonstration in Straßburg waren Bäuer:innen, Umweltorganisationen und Verbraucher:innen gemeinsam vor Ort. Sie forderten die Europaabgeordneten abermals dazu auf, im Sinne der Landwirt:innen und Verbraucher:innen abzustimmen, den Gesetzesentwurf grundlegend zu überarbeiten und auch neue Gentechnik weiterhin zu regulieren.

Auch wenn der 07.02.2024 vielen Kritikern der neuen Gentechnik als der Tag in Erinnerung bleibt, an dem das Europaparlament eine wichtige Weiche in Richtung Deregulierung neuer Gentechniken gestellt hat, wurde dem Parlament dennoch eine deutliche rote Karte gezeigt: Denn die ständigen Vertreter der EU-Länder fanden anschließend keine mehrheitliche Position für den Entwurf und so kann der Trilog nicht gestartet werden. Dieser wäre aber Voraussetzung, um das Gesetz noch vor der Europawahl zu verabschieden.

Eine weitere rote Karte bekam der Entwurf des Umweltausschusses in Bezug auf die Kennzeichnung solcher Pflanzen. Denn der Änderungsantrag der Grünen/SPD-Fraktion, eine Kennzeichnung neuer Gentechnik entlang der gesamten Wertschöpfungskette bis zum Endprodukt zu gewährleisten, fand eine deutlichere Mehrheit als der Deregulierungsentwurf selber. Dass ist ein Sieg für die Wahlfreiheit der Verbraucher und eine deutliche Schlappe für die Befürworter neuer Gentechnik, die am liebsten gar keine Kennzeichnungspflicht hätten. Genauso wurde eine Änderungsantrag angenommen, dass eine Rückverfolgbarkeit gewährleistet sein muss.

Bezüglich Risikoprüfung, Nachweisverfahren und Koexistenzregelungen bleibt der Entwurf jedoch enttäuschend, immerhin wurde dem allzu offensichtlich alleinigem Industrieinteresse, Koexistenzregelungen sogar zu verbieten, ein Riegel vorgeschoben.

Wirklich ungelöst bleibt aber eines der Hauptprobleme, die Patentierbarkeit neuer genomischer Techniken. Zwar wurden einige Änderungsanträge bezüglich Patentierbarkeit angenommen, diese beziehen sich aber auf Absichtserklärungen für andere Rechtsverordnungen und Richtlinien. Das ist deutlich zu wenig, um eine der wichtigsten agrarkulturellen Fragen überhaupt, diejenige nach dem geistigen Eigentum von Saatgut, für die Zukunft klären zu können.

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Gentechnik
2024